19.07.2016
Wir waren auf der Zugspitze. Und wie man der Überschrift schon entnehmen kann, es war nur bedingt schön. Unser eigentlicher Plan zu Fuß den Berg zu erklimmen, scheiterte daran, dass wir uns nicht früh genug um eine Hütten-Unterkunft bemüht hatten. So mussten wir also auf die Zugspitzbahn ausweichen.
Und das war gleich ein großes Vergnügen. Wir sind mit dem Auto bis zum Eibsee hochgefahren, weil wir eigentlich mit der Seilbahn zum Gipfel wollten. Der besseren Aussicht wegen. Am Parkplatz angekommen, wurden wir dann via Lautsprecher-Anlage darauf aufmerksam gemacht, dass die Wartezeit für die Seilbahn „bereits zwei Stunden“ beträgt. Kein Quatsch.
Man ahnt vielleicht, wie viele Menschen gestern auf den Berg wollten. Wir sind dann auf die Zahnradbahn umgestiegen. Auch ganz nett. Leider verläuft ein Großteil der Strecke unter Tage, per Tunnel durch das Zugspitz-Massiv. Ich werde jetzt nicht wiedergeben, mit welcher Werbung wir während der Fahrt bespaßt wurden. Sonst hätten die Münchner ihr Ziel ja erreicht.
Mit der Zahnradbahn fährt man dann erstmal auf das Zugspitzplatt. Von dort geht es mit der Gletscher-Seilbahn zum Gipfel hoch. Die Menschenmassen drängten sich. Es war wie morgens im Berufsverkehr. Und irgendwie scheint der Mensch, sobald er in größerer Anzahl öffentliche Verkehrsmittel nutzt, sein Gehirn ungenutzt in der Gürteltasche mit sich herumzutragen.
Auf dem Gipfel-Plateau angekommen erwartete uns ein Jahrmarkt des Irrsinns. Viel zu viele Menschen, auf viel zu engem Raum, von denen 95% überhaupt keinen blassen Schimmer zu haben schienen, was sie hier eigentlich gerade tun. Dank Selfie-Stick haben viele Beteiligte ihre Indolenz immerhin dauerhaft auf Abruf.
Den kurzen Klettersteig bis zum Gipfelkreuz haben wir uns dann auch geschenkt. Das sollte denjenigen vorbehalten bleiben, die den Berg mit ihrer eigenen Füße Arbeit bezwungen haben. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte den Berg bezwungen und auf den letzten Metern vor dem Gipfel versperrt mir ein Tourist in Sandalen und Selfie-Stick den Weg…Man liest so wenig über „Unfälle“ auf der Zugspitze…
Es hat sich eingebürgert, dass wir auf jeder Hütte, die wir besuchen, ein Bier trinken. Also habe ich versucht uns zwei Helle zu organisieren. Alleine die 15 Minuten in der Schlange vor der Bierbude würden eine Episode in diesem Blog füllen. Und es lag nicht an den tapferen Mannen hinter der Theke.
Wir haben dann ziemlich schnell beschlossen, den Berg wieder zu verlassen. Vorher mussten aber noch zwei Geocaches – Earthcaches – gelöst werden. Für einen davon mussten wir nach Österreich. Und dafür wiederum muss man den Berg ja nicht mal verlassen.
Auch die Österreicher haben sich nicht Lumpen lassen. Auf ihrer Seite stehen auf mehreren Ebenen Restaurants, Terassen, ein Museum (!), mit angeschlossenem 3-D-Kino (!!) und allerhand weiterer Schnickschnack. Insgesamt alles ziemlich verrückt. Wir sind auf der Zugspitze Aufzug gefahren.
Wir haben kurz versucht, den Weg runter vom Berg mit der Seilbahn zu machen. Das war aber völlig aussichtslos. Also wieder ab zum Gletscher und mit der Zahnradbahn abwärts. Über das Verhalten von Menschen in Zügen hatte ich mich ja weiter oben schon ausgelassen.
Uns stand jedenfalls der Sinn nach etwas Ruhe, Natur und Bewegung. Eine Runde um den Eibsee sollte unsere von Menschen geplagten Seelen zur Ruhe kommen lassen. Aber auch hier mussten wir uns erstmal durch Menschenmassen, die diesmal verständlicher Weise ein kühles Bad nehmen wollten, quälen, bis es endlich etwas ruhiger wurde.
Und wunderschön. Wenn Ihr in der Gegend seid: Fahrt nicht auf die Zugspitze. Wandert um den Eibsee! Ganz großes Kino. Ein wunderschöner See eingebettet in eine tolle Landschaft. Und ein ziemlich bequemer Weg. Wenn man ihn nicht gerade durch diverse Geocaches kompliziert verlängert. Wir haben uns ganz schön durchs Unterholz geschlagen.
Abendessen gab´s dann in Grainau. Ich dachte ja immer, das wäre ein häßlicher Ort, voll Beton und schlimmen Bausünden. Einfach so vom Namen her. Grainau. Das klingt nicht nach verzierten Holz-Balkonen und bemalten Fassaden. So schön wie der Ort, so lecker war das Essen. Und wir etwas versöhnt für den Irrsinn auf Deutschlands höchstem Berg.
Original-Beitrag vom 19.07.2016 mit Kommentaren:
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