05.-06.11.2016
Wenn man nach Australien kommt, sollte man eine Sache unbedingt machen: Das Great Barrier Reef anschauen. Es ist nicht nur unbeschreiblich schön und gehört völlig zurecht zum Weltnaturerbe. Es ist dank Klimawandel auch akut im Bestand gefährdet. Also haben Anja und ich eine zweitägige Schnorchel-Cruise gebucht. Und dabei einiges erlebt.
Los ging es – natürlich – früh um 06:45 mit dem Hotel-Pick-Up. Im Mini-Van ging es zuerst zum „Cairns Diving Center“. Klingt nach großem Hallo, ist aber nur eine relativ kleine Bude mitten in der Stadt. Bevor wir dort die erste Sicherheitseinweisung bekommen haben, mussten wir erst noch ein Formular ausfüllen. Und dafür unterschreiben, dass wir gesund sind, schwimmen können, gerade keine Medikamente nehmen und weiß Gott noch alles.
Dann ging es weiter zum Hafen, von wo wir wiederum mit einem kleinen Zubringerboot zum Mutterschiff – dem „Kangaroo-Explorer“ – gebracht wurden. Wir, das war diesmal eine völlig rentnerfreie Gruppe junger Menschen. Das Mutterschiff kreuzt quasi dauerhaft draußen am Riff und hat 16 Kabinen, die man für eine oder zwei Nächte buchen kann.
Ich hatte nicht damit gerechnet, aber die Fahrt zum Riff dauerte geschlagene 2 Stunden. Man hätte es ahnen können, denn kurze Entfernungen gibt es in Australien ja nicht. In diesen zwei Stunden wurde uns relativ schummrig. Ich war noch nie seekrank, aber das ständige Auf und Ab des Bootes gepaart mit zeitweise seitlichem Schwanken hat uns ganz schön durcheinander gewürfelt.
Und so kamen wir bereits relativ zermatscht am Kangaroo-Explorer an. Unsere Hoffnung, dass es auf dem nun größeren Schiff nicht mehr so schwankt, hat sich leider nicht erfüllt. Blöder Weise gab es die erneute Sicherheitseinweisung dann auch gleich auf dem obersten Deck, wo – jeder Seebär weiß das – die Bewegung des Schiffes immer am stärksten zu spüren ist. Anja hat dementsprechend auch nicht so viel von der Einweisung mitbekommen, weil sie damit beschäftigt war, den Horizont zu fixieren.
Dann haben wir unsere Kabine bezogen. Die hatte ihre besten Tage schon hinter sich, aber immerhin – es gab ein Bett. Und liegend war der Seegang noch am besten auszuhalten. Bei Anja war allerdings jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo sie sich zum ersten Mal das Frühstück nochmal durch den Kopf hat gehen lassen.
Trotzdem haben wir uns entschlossen, die erste Schnorchel-Session mitzumachen. Vielleicht ist es im Wasser ja besser auszuhalten. Also haben wir uns zum Schutz vor der Sonne erstmal in einen Wet-Suit gezwängt – trotz über 24° Wasser-Temperatur, wir sind ja nicht beim Triathlon. On top gab es noch ein Life-Jacket, passende Flossen und die Schnorchelmaske. Alleine das Umziehen hat uns schon ziemlich geschlaucht. Und war auf dem schwankenden Boot gar nicht so einfach.
Auf dem Dive-Deck wurde dann jede Person, die ins Wasser ging auf einer Liste vermerkt. Beim Rauskommen mussten wir dann unterschreiben, wieder an Board zu sein. So geht die Crew sicher, dass alle Mann an Board sind, bevor das Schiff zum nächsten Riff bewegt wird. Die Sicherheit wurde überhaupt groß geschrieben. Bei jeder Session war ein Guide mit im Wasser, der a.) die schönsten Stellen am Riff gezeigt hat und b.) immer wieder mal schaut, ob es allen gut geht.
Zusätzlich stehen an Deck des Schiffes „Wachen“, die nichts anderes machen, als aufs Wasser zu schauen und aufzupassen, dass niemand zu weit abgetrieben wird oder sonst irgendwie in Probleme gerät. Das geht so weit, dass die Wachen Warnwesten tragen, auf deren Rücken „Please don´t talk to me“ steht. Safety First!
Im Wasser haben wir dann auch gleich unseren Snorkel-Guide um Hilfe bitten müssen. Für Anja wurde es im Wasser nämlich leider überhaupt nicht besser, sie war weiter seekrank und hat – nennen wir es beim Namen – ins Riff gekotzt. Muss man auch erstmal machen. Und ist ab sofort eine witzige Geschichte, über die wir gerne lachen. Der Guide hat sie dann mit dem Rettungsring zurück zum Schiff eskortiert, wo sie sich ins Bett gelegt hat und bis zum nächsten Morgen auch nicht mehr aufgestanden ist.
Ich selbst hatte zwar weiterhin ein leicht schummriges Gefühl, habe die erste Snorkel-Session aber planmäßig beendet. Allerdings war auch mir danach so flau, dass ich mich auf direktem Weg neben Anja gelegt habe. Nur fürs Mittagessen bin ich kurz aufgestanden. Mit der vagen Hoffnung, etwas zu essen, würde meinem Magen vielleicht helfen. Dem war leider nicht so. Seekrank zu sein nervt. Es ist ein bisschen wie ein ziemlich mieser Kater, bloß ohne das man etwas getrunken hat. Und ohne dass es besser wird.
Also lagen wir für den Rest des Tages flach und haben den Gardinen zugeschaut, wie sie im Takt der Wellen hin und her geweht sind. Was wir zu dem Zeitpunkt vergessen hatten: Die Crew braucht jedes Mal, wenn das Schiff bewegt wird, eine Unterschrift. Von allen Gästen. Also hat es noch ein paar mal geklopft und wir mussten unterschreiben, noch an Board zu sein. Später fiel uns dann ein, dass wir auch durchaus hätte Bescheid sagen können, dass wir schlafen. Dann stören sie einen nicht.
Am nächsten Morgen sah die Welt dann gleich viel besser aus. Das early bird snorkeling um 5:30 Uhr haben wir zwar ausfallen lassen, dafür hatten wir aber Hunger und sind zum Frühstück erschienen. Als Anja sah, was da so aufgetischt wurde, hat sie sicherheitshalber zu Obst und Cornflakes gegriffen. Ich hatte etwas Rührei und eine Rösti-Ecke. Die sehr merkwürdigen Würstchen, dicken Bohnen und Nudeln in Tomatensauce sahen ziemlich furchterregend aus. Wie kann man sowas frühstücken?
Das Schnorcheln an sich war dann grandios. Das Meer war sehr ruhig, es gab kaum Wellen und wir konnten ganz entspannt über den Korallen hinweg gleiten. Es ist unfassbar spektakulär, wozu die Natur im Stande ist. Korallen in den verschiedensten Farben, so bunte Fische, wie ich sie noch nie gesehen habe. Unheimlich viel Leben unter Wasser. Ich wusste gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Nach einiger Zeit haben wir dann auch noch eine Schildkröte gesichtet, die vollkommen entspannt ihre Kreise zog.
Mein einziges Problem im Wasser war, dass mir immer etwas Wasser in die Maske gelaufen ist. Also musste ich alle paar Minuten kurz auftauchen und die Maske lüften. Eigentlich nicht weiter tragisch, allerdings musst ich hin und wieder ganz schön aufpassen, dabei mit den Flossen nicht die Korallen zu berühren und vielleicht zu beschädigen. Ich glaube es lag am Bart, dass ich ständig Wasser in der Maske hatte. Der Guide hatte sowas angedeutet.
Nach der ersten Schnorchel-Session haben wir es uns dann auf dem Sonnendeck (natürlich im Schatten!) gemütlich gemacht. Das war allerdings ein kurzes Vergnügen, denn ehe wir uns versahen, hatten wir schon wieder das Equipment an und waren auf dem Weg ins Wasser. Diesmal ging es auf die andere Seite des Bootes, zu einem Riff, dass „The Wall“ genannt wird. Mir scheint, für Taucher war das spektakulärer als für Schnorchler.
Es gab dort relativ viele tote Korallen. Die Erklärung vom Guide habe ich nur halb verstanden, auf jeden Fall ist aber der Mensch schuld. Sehr hübsch anzusehen waren diesmal eine ganze Menge blauer Seesterne. Und eine gigantische Muschel, in der man glatt einen Arm verlieren könnte. Als wir dann fast wieder am Boot waren, spürte ich plötzlich ein Zwicken im Bein. Kein Hai, sondern ein Krampf. Und damit es nicht zu langweilig wird, in beiden Beinen gleichzeitig.
Das war ziemlich ungünstig, weil man sich eigentlich noch im Wasser die Flossen ausziehen soll. Während ich mit gestreckten Beinen im Wasser lag, hat Anja mir dann die Flossen abmontiert. Mit relativ festem Boden unter den Füßen waren die Krämpfe dann schnell erledigt. Laut Protokoll war es 11:35 Uhr als wir aus dem Wasser kamen. Lunch-Time! Mit extra viel Salz für mich!
Nach einem letzten Schnorchelgang ging es dann mit dem kleinen Böötchen vom Vortag wieder zurück zum Festland. Diesmal hatten wir Glück – oder waren besser konditioniert – niemand wurde seekrank. Dafür hatte ich aber noch am Abend, als wir längst mit Bier und Wein beim Italiener saßen, das Gefühl, um mich herum würde alles ein bisschen schwanken.
Auch wenn wir nur einen Tag richtig genießen konnten: Das Riff ist absolut großartig und unbedingt einen Besuch wert. Nach ziemlich viel Natur geht es für uns jetzt auf den zweiten Teil unseres Trips, in die Großstadt-Dschungel von Sydney und Melbourne.
Original-Beitrag vom 06.11.2016 mit Kommentaren:
http://www.pal.koeln/pal-down-under/seekrank-bei-nemo/